Gedichte zu verschiedenen Themen

 

Geschmacksache


Dies für den und das für jenen.
Viele Tische sind gedeckt.
Keine Zunge soll verhöhnen,
Was der andern Zunge schmeckt.

Lasse jedem seine Freuden,
Gönn ihm, dass er sich erquickt,
Wenn er sittsam und bescheiden
Auf den eignen Teller blickt.

Wenn jedoch bei deinem Tisch er
Unverschämt dich neckt und stört,
Dann so gib ihm einen Wischer,
Dass er merkt, was sich gehört.

Autor: Wilhelm Busch

Heutige Weltkunst


Anders sein und anders scheinen;
Anders reden, anders meinen;
Alles loben, alles tragen,
Allen heucheln, stets behagen,
Allem Winde Segel geben,
Bös` und Guten dienstbar leben;
Alles Tun und alles Dichten
Bloß auf eignen Nutzen richten:
Wer sich dessen will befleißen,
Kann politisch heuer heißen.

Autor: Friedrich von Logau

Die neuen Fernen


In der Stratosphäre,
Links vom Eingang, führt ein Gang
(Wenn er nicht verschüttet wäre)
Sieben Kilometer lang
Bis ins Ungefähre.

Dort erkennt man weit und breit
Nichts. Denn dort herrscht Dunkelheit.
Wenn man da die Augen schließt
Und sich langsam selbst erschießt,

Dann erinnert man sich gern
An den deutschen Abendstern.

Autor: Joachim Ringelnatz

Die Nacht


Aus dem Walde tritt die Nacht,
An den Bäumen schleicht sie leise,
Schaut sich um im weiten Kreise -
Nun gib acht!

Alle Lichter dieser Welt,
Alle Blumen, alle Farben
Löscht sie aus und stiehlt die Garben
Weg vom Feld.

Alles nimmt sie, was nur hold;
Nimmt das Silber weg des Stromes,
Nimmt vom Kupferdach des Domes
Weg das Gold.

Ausgeplündert steht der Strauch -
Rücke näher! Seel' an Seele,
O die Nacht, mir bangt, sie stehle
Dich mir auch.:
Singt er Wonne? Singt er Schmerzen?

Autor: Hermann von Gilm

An den Mond


So klar und helle schienest du
Aus dunkelblauen Lüften nieder,
O Mond, als ich noch glücklich war.

Du scheinst so helle noch, so klar
Aus dunkelblauen Lüften nieder:
Ich aber bin nicht glücklich mehr.

Als ich von ihr zu dir empor,
Von dir auf sie herunterschaute,
Da war mein Äug so klar wie du.

Jetzt ist es trüb; denn, lieber Mond,
Ich misse sie schon lange, lange,
Die ich noch lieber seh als dich!

Du siehst sie wohl, auch mich siehst du,
Sag ihr: mein Aug sei jetzund trübe,
Das einst so helle war wie du.

Autor: Lorenz Leopold Haschka